Mobbing ist nicht immer Mobbing

Auch wenn Mobbing in der Arbeitswelt immer weiter um sich greift, ist doch nicht jede Arbeitsanweisung gleichbedeutend mit schikanösem Verhalten des Chefs. Dies hat nun das Landesarbeitsgericht Niedersachsen entschieden.

Wenn ein Arbeitnehmer immer wieder von seinem Chef oder seinen Kollegen schikaniert oder bei wichtigen Entscheidungen nicht einbezogen wird, liegt die Vermutung nahe, dass dieser Mitarbeiter Opfer einer Mobbingattacke geworden ist. Dies ist auch dann der Fall, wenn einem Mitarbeiter permanent wichtige Informationen vorenthalten oder unnütze Arbeitsaufgaben zugeteilt werden. Doch nicht immer ist eine Zuteilung von neuen Arbeitsinhalten oder die dauerhafte Veränderung von Arbeitsinhalten mit Mobbing gleichzusetzen. Oftmals handelt es sich auch einfach nur um Entscheidungen einer neuen Unternehmensleitung. Im aktuell vom Landesarbeitsgericht Niedersachsen (AZ: 2 Sa 441/15) entschiedenen Fall war der Arbeitgeber ein Landrat, der kurz zuvor neu gewählt wurde.

Die Klägerin, die sich als Opfer anhaltenden Mobbings gedemütigt fühlte und nach eigener Aussage aus diesem Grunde immer wieder erkrankt sei, arbeitet seit den 1990er Jahren zunächst als Frauen-, dann als Gleichstellungsbeauftragte des fraglichen Landkreises. Nachdem im November 2011 der neue Landrat gewählt wurde, beklagte die Klägerin eine Veränderung ihres Arbeitsumfeldes. Laut ihrer Aussage wurde sie weniger in interne Abläufe und Informationsflüsse integriert und der neue Landrat habe durch sein Verhalten ihre Funktion als Gleichstellungsbeauftragte gezielt untergraben. Seit 2012 war die Klägerin dann zunehmend krankheitsbedingt arbeitsunfähig, seit 2013 sogar durchgehend.

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen jedoch wies die Klage ab. Die neuen Anordnungen des Landrates galten für alle Mitarbeiter der Behörde. Ein gezieltes oder gar systematisches schikanöses Verhalten gegenüber der Klägerin, die kurz nach dem Amtsantritt des neuen Landrates bereits das erste Mal erkrankt war, konnte diesem nicht nachgewiesen werden. Auch der Versuch eines Vergleiches zur einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses blieb ohne Erfolg.

Es ist eine Tatsache, dass Opfer von Mobbing leiden und dass die wiederholten Attacken des Umfeldes zu Krankheit und psychischen Problemen führen können. Nicht immer jedoch sind neue Arbeitsanweisungen oder neue betriebsinterne Regelungen gleichbedeutend mit einer Schikane des Arbeitgebers. Mobbing ist vielschichtig und hängt nicht nur vom Verhalten des Vorgesetzen ab, sondern auch von der Konstitution der vermeintlich Betroffenen, die dann die Glaubwürdigkeit der wirklichen Opfer in einem schlechteren Licht erscheinen lassen.

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